Sanaa ist zweiundzwanzig. Sie studiert, flieht manchmal in eine Dreiecksbeziehung mit einem Freund und einem Liebhaber, und sie hat Träume. Alles könnte gut sein, wäre da nicht die Realität, die sie immer wieder kneift – kneift wie die Krabbe sie damals in Vorderasien gebissen hatte. Das war, bevor ihre Familie aus dem Nordirak nach Europa kam. Sie kamen in der Hoffnung, hier ein besseres Leben führen zu können. Stattdessen erwartet die Familie ein Leben in einem tristen deutschen Hochhaus, in einer „geschlossenen Gesellschaft“ mit gegenseitiger Kontrolle und Sanktion.
Aus diesem Panoptikum-Hochhaus möchte Sanaa ausbrechen. Da ist die schwermütige Mutter, der gebrechliche, meist abwesende Vater, die pubertierende Schwester und eine Tante als resolute, übergriffige Sittenwächterin der Hochhaussiedlung. Doch der Ausbruch gelingt nicht. Ihre Familie hält Sarah gefesselt. Vor allem das Schicksal ihrer depressiven Mutter Asija ist ihr nicht egal.
Die Kölner Schauspielerin Zeynep Topal ist als Sanaa der Mittelpunkt der Bonner Uraufführung. Ihr zur Seite steht ein interkulturelles Ensemble von jungen Erwachsenen mit albanischen, deutschen, palästinensischen, syrischen und ukrainischen Wurzeln. Sie spielen in „Krabbenwanderung“ ihre Migrationsgeschichte, schildern den Schmerz der Entwurzelung, das Hin- und Hergerissensein zwischen zwei Kulturen und die Sehnsucht nach dem eigenen, sicheren Platz in der Gesellschaft. Gespielt wird das „Leben im Dazwischen“: zwischen Freiheit und Verantwortung, Erinnerung und Zukunft, zwischen Glück und Unglück, Mythos und Wirklichkeit.